Elektromobilität kostet jeden dritten JobElektromobilität kostetjeden dritten JobWas bedeutet es für die Beschäftigung in der deutschen Automobilindustrie,wenn 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden dürfen?Diese Frage hat sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) gestellt undeine Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis ist ernüchternd: Seit 2019 sindbereits 46.000 Arbeitsplätze verschwunden. Die meisten davon bei Zulieferern.Und das ist erst der Anfang. „Der Wandel hin zur Elektromobilität wird zu Beschäftigungsverlustenführen“, macht VDA-Präsidentin Hildegard Müller klar.verschärft. Müller: „Der Standort ist nicht mehr wettbewerbsfähig.“Zum Beispiel wegen der hohen Energiepreise.Neue Stellen könnten in der Kunststoffverarbeitungentstehen, die jedoch sehr energieintensivsei und deshalb kaum in Deutschland investiere.Ähnliches gilt für die Produktion von Batteriezellen.Neben der Transformation zur E-Mobilität ist diemangelnde Nachfrage nach Elektroautos eine weitereHerausforderung. Sie erwarte von der Politik mehrUnterstützung, nicht nur in Deutschland, sagt Müller:„In ganz Griechenland gibt es weniger Ladesäulenals in Hamburg. Wenn in Europa die Transformationnicht gelingt, wird der negative Beschäftigungseffektnoch größer.“ Was Müller von der Politik verlangt:„Wettbewerbsfähige Energiepreise, weniger erdrückendeBürokratie, schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren,ein wettbewerbsfähiges SteuerundAbgabensystem, mehr Freihandelsabkommen– die Liste ist lang, die Aufgaben drängen.“„Wir stehen zu der Transformationen, müssen unsaber die Folgen wahr machen“, sagt Müller. Das ForschungsinstitutPrognos hat sich in der Studie „Beschäftigungsperspektivenin der Automobilindustrie“diese Folgen für 700 Berufe angesehen. Ergebnis:Vor allem in den traditionellen Berufen mit vielen Beschäftigenwerden Stellen abgebaut, zum Beispiel inder Metallverarbeitung. Berufe, die künftig gefragtersind, wie in der Kunststoffverarbeitung oder der IT,können diesen Jobverlust nur teilweise kompensieren.Den 300.000 Arbeitsplätzen, die bis 2035 in derdeutschen Automobilindustrie verloren gehen, stehennur 110.000 neue Jobs in Wachstumsfeldern derBranche gegenüber.Damit ist klar: Die Transformation wird netto190.000 Jobs kosten. Das ist jeder fünfte Arbeitsplatzin der Autoindustrie. Nur wenige Beschäftigte,rund jeder vierte, gehen in den nächsten Jahren ohnehinin Rente. Die meisten der Betroffenen werdenalso einen neuen Job brauchen. „Die Demografiewird das Problem nicht lösen“, sagt VDA-ChefvolkswirtManuel Kallweit.Ausgerechnet die Herstellung von Verbrennungsmotorenund Getrieben, die es nach 2035 in Europanicht mehr geben soll, ist besonders beschäftigungsintensiv.Zu diesem Zeitpunkt hat die EU den Verkaufvon Neuwagen mit Verbrennungsmotor faktischverboten. Wie viele Jobs in neuen Bereichen wie derBatterieproduktion entstehen werden, ist unsicher.„Wichtig wäre, die Batterieforschung nicht zu kürzen,damit der Batteriestandort Deutschland wettbewerbsfähigbleibt“, sagt VDA-Präsidenten Müller.Die Bundesregierung plant aber, ausgerechnet dieBatterieforschung nicht mehr zu fördern.Klar ist, dass die Beschäftigung in der Automobilindustrieihren Zenit im Jahr 2019 hatte: 960.000 Menschenwaren dort in Lohn und Brot. Seither geht esbergab. Aktuell arbeiten in der Branche noch 911.000Menschen.Dabei gibt es auch Autoberufe mit wachsender Beschäftigung,so bei der Kraftfahrzeugtechnik, beiForschung und Entwicklung sowie in der Softwareentwicklung.Ausgleichen können sie den Jobverlustaber nicht. Zudem bringen die betroffenen Mitarbeiternicht unbedingt die richtige Qualifikation mit. InSumme gibt es deshalb in manchen Bereichen sogarschon einen Fachkräftemangel, etwa in IT-Berufen.Neben dem Trend zur E-Mobilität wird der Jobverlustin der Industrie noch durch die Standortbedingungen14 dermotor.de | Ausgabe 3/2024 15
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