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der motor – Ausgabe 1/21 – Kommunikation für die Branche

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Das Sprachohr der Branche

wird über Zahnrad und

wird über Zahnrad und Schnecke von der Kurbelwelle angetrieben. Der Motor kommt vom Start weg gut an: Als Stolle eine erste Testfahrt nach Nürnberg macht, muss er sogar mit dem Zug zurückfahren, weil die dortigen Victoria-Werke den Boxer gleich behalten. Das ist der Beginn einer einträglichen Lieferantenbeziehung und die einstige Fahrradfabrik in Franken wird zum wichtigsten Abnehmer. Allerdings will sich BMW nicht allein mit der Motorenproduktion begnügen. Weil Victoria nur wenig später einen anderen Motor einkauft und weil Generaldirektor Popp irgendwie seine Fertigung füllen muss, beauftragt er Max Friz mit der Entwicklung eines eigenen Motorrades. Das wird als R32 im Oktober 1923 auf dem Pariser Salon der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit ihren 8,5 PS bei 3 300 U/min ist die Leistung zwar nur mittelmäßig, konnte aber mit einer Zuverlässigkeit punkten, die bis dato unerreicht war. Das 32 Ausgabe 1/2021

mag auch an der neuartigen Konstruktion gelegen haben. Denn erstmals hat BMW den Motor quer montiert, das Dreiganggetriebe angeflanscht und eine Kardanwelle zum Hinterrad gelegt. „Für den Boxer spricht damals eine ganze Menge“, sagt Fred Jakobs, der das BMW Archiv leitet: „Er war laufruhig, langlebig, leicht zu warten und obendrein leistungsstark. Nicht umsonst hat BMW in den 30er Jahren damit im Motorradsport alles gewonnen, was es zu gewinnen gab.“ Kein Wunder also, dass BMW dem Prinzip lange die Treue gehalten hat; selbst dann, als Reihen- und V-Motoren dem Boxer den Rang abzulaufen drohten. Denn die Laufruhe des Boxers mag über die Jahre unerreicht geblieben sein, und viele Biker schätzen den tiefen Schwerpunkt von Motorrädern mit Boxer-Antrieb. Doch Schadstoffgrenzwerte auf der einen und die Leistungsexplosion der Motoren vor allem aus Japan auf der anderen Seite machen dem traditionellen BMW-Antrieb Ende der 1970er deshalb das Leben schwer. Kurz überlegen die Bayern deshalb schon das Ende des Boxers, berichtet Archivar Jakobs, werden von ihren Kunden aber eines Besseren belehrt: „Über der Jahre ist der Motor zu so einem charakteristischen Merkmal der Marke geworden, dass sie uns einen Abschied von dieser Technik nie verziehen hätten.“ Also nimmt BMW in den 1980ern eine Modernisierung in Angriff, entwickelt eine neue Generation und erfindet den Boxer 1993 Jahren noch einmal neu: 70 Jahre nach dem Erstling präsentieren sie mit der R 1100 RS einen Vierventil-Boxer mit allen technischen Finessen. Der 90 PS starke 1085 ccm-Motor hat eine elektronische Kraftstoffeinspritzung, eine im Zylinderkopf liegende Nockenwelle und einen Katalysator. Das neue Gesamtkonzept wurde in den Folgejahren auf alle Boxer-Modelle einschließlich der neuen 850er-Varianten übertragen. Noch einmal ein Jahrzehnt später gibt es die nächste Revolution und BMW leistet 2004 in der RS 1200 GS Adventure mit einer wegweisenden Weiterentwicklung den nächsten Treueschwur für den Boxer: Statt mit Luft und Öl werden thermisch besonders kritische Bauteile nun mit einem Wasser/Glykolgemisch gekühlt. Der 1170 ccm große und 92 PS starke Motor selbst vertraut im Wesentlichen weiterhin auf Luftkühlung, so dass das typische Erscheinungsbild des Boxers erhalten bleibt. Im Gegensatz zu allen vorangegangenen Boxermotoren setzt die aktuelle Generation zudem auf eine Vertikaldurchströmung. Durch diese Änderung der Durchströmungsrichtung ergeben sich jetzt separate Einund Auslassnockenwellen. Knapp 30 Jahre nach dem Start der zweiten Boxer-Generation leisten die BMW-Motoren mittlerweile bis zu 136 PS und BMW ist mit dem Prinzip voll und ganz im Reinen. Bei der Performance können sie im jeweiligen Segment längst wieder gut mit anderen Antriebskonzepten mithalten, Emissionen und Effizienz sind vorbildlich und wer partout in maximaler Schräglage die Kurve kratzen will, bekommt bei den Bayern ja auch Bikes mit schlank bauenden Reihenmotoren und dann teilweise mehr als 200PS. Doch für Modelle wie die GS oder die RT ist der Boxer eine Idealbesetzung, Ausgabe 1/2021 33

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